Ehe ab 0, ab 16, ab 18: Eine Debatte erreicht Österreich


Die Debatte über Kinderehen ist nun auch nach Österreich übergeschwappt — die entsprechende Praxis selbst wird hierzulande wohl in ähnlicher Relation wie in Deutschland vorhanden sein. Dazu hat Familienministerin Karmasin nun vorgeschlagen, das Ehealter allgemein auf 18 Jahre hinaufzusetzen und im Ausland geschlossene Ehen mit jüngeren Ehepartern nicht mehr anzuerkennen.

Grundsätzlich gibt es im § 6 IPRG bereits eine Vorbehaltsklausel, die z.B. die Anerkennung ausländischer Ehen und anderer fremder Rechtsbestimmungen ausschließt, wenn sie mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar sind. Man sagt auch, die Vereinbarung nach ausländischem Recht verstößt hierzulande gegen den ordre public.

EGMR: Kinderehen müssen nicht anerkannt werden

Unter diesem Stichwort wurden schon bislang — im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte — Zwangsehen und Kinderehen von österreichischen Gerichten die Anerkennung verweigert, wobei aber die weiteren Umstände zu würdigen sind. So hat der EGMR es abgelehnt, dass einer spanischen Romawitwe nach 30 Jahren Ehe die Witwenpension versagt wurde, weil sie bei Eheschließung nach spanischem Recht nicht ehefähig war.

Dabei hilft es, dass auch in vielen Staaten die Zivilehe erst ab 16 erlaubt ist, allerdings regelmäßig auch Ehen nach Schariarecht anerkannt werden. So kann man die zivilrechtlichen Ehen im Sinne gegenseitiger Anerkennung behandeln, die Schariaehen aber differenziert behandeln. Die Scharia kennt nämlich — anders als die christliche-abendländische Tradition — kein Mindestalter für die Eheschließung. Selbst wenn aber eine Eheschließung von Kindern nach nationalem Recht gültig war, so muss ein Aufnahmestaat diese Ehe nicht anerkennen, wie der EGMR z.B. 2015 festgehalten hat. (EGMR, Z.H. und R.H. gegen die Schweiz, 60119/12)

Es wäre keine Schwierigkeit, im österreichischen Recht zu verankern, dass im Ausland geschlossene Ehen, die in Österreich aus Altersgründen nicht geschlossen werden dürften, generell gegen den ordre public verstoßen.

Mit 16 wählen, aber sonst nicht viel

Warum deswegen aber das österreichische Eherecht geändert werden muss, bleibt schleierhaft. Mit 16 ist die Ehe ohnehin nur möglich, wenn das Gericht zustimmt und der Ehepartner volljährig ist. Das ist wohl vor allem für die Fälle gedacht, in denen junge Eltern ein (meist unerwartet früh empfangenes) Kind ehelich zur Welt bringen wollen. Das werden nicht viele sein, und dank gerichtlicher Kontrolle muss man sich um diese österreichischen Eheschließungen wohl die geringsten Sorgen machen.

Es ist zudem nicht ganz stringent, das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt zu haben, aber in anderen Bereichen, wie etwa Tabakkonsum oder nun die Eheschließung, das Mindestalter zu erhöhen. Entweder, die Jugendlichen sind mit 16 schon so reif, weitreichende, informierte Entscheidungen wie diejenigen über die politische Zukunft Österreichs zu treffen, oder man kann ihnen nicht einmal zutrauen, eine gerichtlich überprüfte Ehe zu schließen.

Ehe für alle?

Etwas skurril wird es auch, wenn man auf diese Debatte die Argumente der „Ehe für alle“ anwendet. Da heißt es manchmal, der Staat würde so in den Betten seiner Bürger schnüffeln, oder ihnen vorschreiben, wen sie lieben dürften. Und überhaupt, wenn zwei doch Verantwortung übernehmen wollen … . Diese Argumente sind sowieso Schmafu, verkennen sie doch den Sinn und Zweck der Ehe. Doch schnell stellt sich heraus, wie hohl diese Argumente wirklich sind, traut sich doch kaum jemand, der den Kampfbegriff der „Ehe für alle“ verwendet, sie konsequent auch auf andere Verhältnisse anzuwenden. Im Gegenteil: So begrüßt die Homosexuelleninitiative Wien ausdrücklich eine Anhebung des Alters der Ehefähigkeit. Doch nicht „Ehe für alle“.

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